Essbare Elektronik: die Speisekarte der Zukunft

Handy á la Bolognese, PC überbacken, Notebook mit Sahnsesoße – alles Quatsch? Bald nicht mehr. Forscher an der Johannes Kepler Universität in Linz arbeiten fieberhaft an Elektronikteilen, die man nach Gebrauch kompostieren oder sogar essen kann! Unglaublich aber wahr!

“ Alleine in Großbritannien entstehen jährlich 440.000 t Elektroschrott! Wenn man das auf die Welt umlegt, wird das eine unglaublich hohe Zahl!“ So Univ.Prof. Dr. Siegfried Bauer, Leiter der Abteilung für Physik der Weichen Materie an der Uni Linz. Die Entwicklungen im Bereich der Informations– und Kommunikationstechnik sind rasant  und Produktlebenszyklen werden immer kürzer. Damit verbunden ist eine immens steigende Zahl von Elektroschrott – eine enorme Belastung für unsere Umwelt. Der Ruf nach „grüner Elektronik“ wird stetig lauter. Aber so einfach ist das nicht. In Linz arbeiten Physiker und Chemiker schon seit Jahren daran, dieses Problem zu lösen – sogar mit internationaler Unterstützung aus der Wissenschaft. Jetzt gibt es erste Erfolge: Dr. Mihai Irimia-Vladu hat im Rahmen einer Diensterfindung organische Feldeffekttransistoren entwickelt – aus essbaren Materialien!

Die Ausgangsstoffe klingen bekannt: Beta-Carotin, Koffein, Lebensmittelfarben, Indigo, Glucose, DNA und weitere. Hauptziel ist die vollkommene Bioverträglichkeit der elektronischen Bauteile. Die „essbaren Schaltkreise“ werden auf bioabbaubaren Filmen aufgedruckt – Recycling ist damit nicht mehr notwendig. Nach Gebrauch wandern die Teile auf den Kompost oder wer mag kann den „Müll“ auch einfach aufessen. Unvorstellbar? Für die Umwelt wäre das auf jeden Fall ein großer Schritt – genauso wie für die Industrie und die Wissenschaft. Trotzdem steht man jetzt noch ganz am Anfang. Nach Einschätzungen der Erfinder wird es noch Jahre dauern, bis eine kommerzielle Anwendung möglich ist.

Die potenziellen Einsatzmöglichkeiten sind aber jetzt schon absehbar und extrem vielfältig:

  • diese einfachen Sensoren aus biologischem Material könnten beispielsweise nachvollziehen, ob Lebensmittel ohne Unterbrechung der Kühlkette transportiert wurden und wie lange sie noch haltbar sind
  • den Reifegrad von Obst, die Frische des Brotes oder Erschütterungen eines empfindlichen Materials während des Transports feststellen
  • als medizinische Implantate verwendet, könnten die Sensoren  als „Innen-Überwacher“ von Stoffwechselvorgängen (Blutwerte, Temperatur, Wundheilungsverlauf, etc.) dienen und vom menschlichen Körper nach gewisser Zeit ohne gesundheitliche Bedenken wieder abgebaut werden würden
  • Tabletten überprüfen, ob und wann diese von PatientInnen aufgenommen wurden – wenn der Schaltkreis beispielsweise nicht länger sendet, ist das Medikament resorbiert
  • Spielzeug und andere elektronische Geräte
  • etc.

Mit dieser bahnbrechenden Erfindung könnte dem Ruf des Marktes und der Gesetzgebung nach Vermeidung von Elektroschrott, gerecht werden. Bisher sind jedoch noch viele Zukunftsvisionen dabei. Aber wer weiß, vielleicht essen wir ja bald Transistor auf Blattspinat und können unsere Medikamente nach Sensoren dosieren. Na dann Mahlzeit!

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