Innovation durch Tradition: das ist Südtirol.

Mehr als Speck und Berge

Berge, Speck und Tradition: das ist Südtirol – für Touristen. Alpine Technologien, erneuerbare Energie, digitale Technologien – kurz Innovation: auch das ist Südtirol. Immer häufiger zeigen selbst kleine Unternehmen oder einfach nur Tüftler aus der nördlichsten italienischen Provinz wie kreativ sie sind, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte und die Nutzung natürlicher Ressourcen geht. Leitplanken aus Holz und ein biologischer Dämmstoff aus Kalk und Schafswolle sind nur zwei Beispiele für „innovation made in South Tyrol“.

Mit 103 km/h rast ein Fiat Punto in eine Leitplanke aus Holz, verliert dabei den Vorderreifen und den Außenspiegel auf der Beifahrerseite, die Kunststoffstoßstange splittert ab und gerät unter die Motorhaube, aber die Leitplanke hält dieser Belastung stand und tut, was Leitplanken tun sollen: sie leitet den Punto zurück in die Fahrbahn. Auch als wenig später ein Bus mit über 70 Stundenkilometern und 13 Tonnen Gewicht auf die Holz-Planken aufprallt, halten die Südtiroler Holz-Leitplanken dem Druck stand.

Diese Szenen spielten sich Ende des Jahres 2006 auf einem Testgelände im französischen Lyon ab. Das Südtiroler Unternehmen „Ligna“ testete die Widerstandskraft seiner Holz-Leitplanken und investierte für die Chrashtests in Lyon über 300.000 Euro.

Crashtest-Ergebnisse

Mit den Testergebnissen kann „Ligna“ zufrieden sein: Die Holzleitplanken entsprechen der EU-Norm für Schutzplanken. Eingestuft wurden die Holz-Leitplanken in die Schutzklasse H2 und können daher selbst auf Autobahnen installiert werden. Das Geheimnis der Stabilität der Leitplanken ist ein Stahlband, das zwischen zwei Holzplankenmontiert wird und verhindert, dass auffahrende Fahrzeuge die Leitplanke durchbrechen. „Drei Jahre Entwicklungszeit stecken in dieser Leitplanke“, sagt Hans Hellweger, Geschäftsführer von „Ligna“.

Das Holz der Leitplanke stammt aus Südtiroler Lärchenwäldern. Lärchenholz hat den Vorteil, dass es von Natur aus extrem wetterfest ist und nicht chemisch imprägniert werden muss. Nachts sorgen so genannte Dioden-Leitleuchten dafür, dass die Holzleitplanken auch im Dunkeln gut zu sehen sind. Die Dioden-Leuchten tanken tagsüber Tageslicht auf und leuchten dadurch in der Dunkelheit.

Die Verwendung von Holz für Leitplanken empfiehlt sich in Südtirol vor allem der Optik wegen. Holz fügt sich in das Landschaftsbild Südtirols besser ein als Leitplanken aus Stahl oder Aluminium; damit sind die Holzleitplanken unter touristischen Aspekten ein Gewinn für die „Ferien-Destination Südtirol“. 2009 wird „Ligna“ seine Holz-Leitplanken auf den Markt bringen. „Um unseren Marktauftritt professionell vorzubereiten, konnten wir vor allem auf die Unterstützung des TIS innovation park in Bozen zählen“, erläutert Ligna-Geschäftsführer Hellweger. Der Bozner Innovationspark nahm dem Unternehmer Behördengänge ab und entwickelte gemeinsam mit Hellweger eine Vertriebs- und Werbestrategie. 2006 wurde der Innovationspark gegründet. Zu seinen zentralen Aufgaben gehört es, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen Südtirols Innovationsprozesse anzustoßen oder zu begleiten. Im Falle von Hans Hellwegers Holzleitplanken hat der Bozner Innovationspark den Weg der von Ligna entwickelten Holzleitplanke zur Marktreife wesentlich beschleunigt.

Biologischer Dämmstoff aus Wolle und Kalk

Walter Tasser ist eigentlich Maurer von Beruf. Eigentlich. In seiner Freizeit entwickelte der Maurer aus dem kleinen Südtiroler Ort Pfalzen bei Bruneck einen Dämmstoff für Innenräume und zwar einfach deswegen, weil eine Wand seines Hauses von Schimmel befallen war. Der Dämmstoff aus Wolle und Kalk wurde im Frühjahr 2008 in Italien patentiert und verhindert Schimmelbildung. Der TIS innovation park unterstützte Tasser bei der Messung der Dämmwerte und bei der Patentierung des Dämmstoffes. Der Dämmstoff erreicht den sehr guten Dämmwert von 0,05 (W/m*K), eine bessere Wärmedämmung als der neue Verbundstoff bringen nur Holzwolle und einige künstliche Dämmstoffe. Im Unterschied zu den künstlichen Dämmstoffen kann aber der biologische Dämmstoff aus Südtirol beim Abbruch des Hauses problemlos entsorgt werden. Außerdem ist der neue Dämmstoff vergleichsweise günstig, da seine Bestandteile – Wolle und Kalk – äußerst preiswert sind.

Die Zeitschrift „BUILDERnews Magazine“ aus Vancouver (USA) wählte den Südtiroler Dämmstoff zum Produkt des Jahres 2008 und das, obwohl das Produkt noch gar nicht in Serie produziert werden kann. Für die Serienproduktion des Südtiroler Bio-Dämmstoffes wird jedoch bereits mit verschiedenen Unternehmen verhandelt. Zu dem Erfolg in den USA hat vor allem ein ehemaliger Mitarbeiter des TIS innovation park beigetragen, der nun in Los Angeles tätig ist. Im September wurde der Dämmstoff in den USA patentiert und damit begann der Siegeszug der Südtiroler Dämmstoffplatten in den USA – unter dem Namen WEKA. (WEKA steht hier für WollE und Kalk.)

„Wenn wir uns sowohl die Holzleitplanke als auch den WEKA-Dämmstoff anschauen, verbindet diese beiden Produkte vor allem eines: sie nutzen natürliche Ressourcen Südtirols wie Holz oder Schafwolle“, sagt Hubert Hofer. Hofer ist Direktor des TIS innovation park. „Vielleicht ist die gelungene Symbiose aus Tradition und Innovation der Schlüssel zu Erfolg für kleine Unternehmen“, sagt Hofer und ergänzt: “Im Bereich Wintersporttechnologie oder im Lebensmittelsektor ist Südtirol ja auch traditionell stark und da gibt es in Südtirol Potential für neue Methoden in der Kunstschneeproduktion, für Innovationen im Bereich Wellnessmöbel oder für neue Produkte im Lebensmittelbereich.“ Anders formuliert: Innovation durch Tradition: das ist Südtirol.

Hubert Hofer

Gastautor-Steckbrief

Name: Hubert Hofer

Position: Direktor

Unternehmen:

TIS – innovation park ist ein Dienstleistungszentrum für innovative Unternehmer. Sie beraten und betreuen Jungunternehmen in der Phase zur Selbsts

tändigkeit. Außerdem schlagen sie Brücken zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaftswelt, zwischen Unternehmern, Forschern und auch Experten.

Hubert Hofer über sich selbst:

Aufgewachsen in einem Pustertaler Dorf in Südtirol, zog es mich bereits während der Oberschulzeit für verschiedene Praktika als Konstrukteur nach Deutschland. Auch nach dem BWL-Studium in Innsbruck war ich mehrere Jahre in München für diverse Unternehmen tätig. 1996 kam ich zurück nach Südtirol, wo ich seitdem den TIS innovation park leite.

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