„In der Wüste wie auf Wasser“ – die Erfindung des atmungsaktiven Schuhs

Schuhe sind in unserem Alltag selbstverständlich: Wir tragen sie, um die Füße zu schützen, als Statussymbol und Modestatement oder auch einfach als praktisches Hilfsutensil – im Sportsegment beispielsweise. Neben Aussehen und Funktion spielt auch der Komfort eine große Rolle beim Schuhkauf. Eines der wichtigsten Merkmale dabei ist die Atmungsfähigkeit des Materials. Doch die Erfindung der atmungsaktiven Sohle liegt noch gar nicht so lange zurück.

Bei der Auswahl des richtigen Schuhs spielen heuer viele Komfortmerkmale eine Rolle. Schaut man genauer auf das Sortiment verschiedener Händler, liest man von Merkmalen wie „Best fitting“, „Luftpolster“, „für individuelle Einlagen geeignet“ oder „anatomisch geformtes Fußbett“. Zum einen sollen Schuhe bequem sein, das natürliche Abrollverhalten unterstützen, die Gelenke stützen und sich der natürlichen Form des Fußes anpassen.

Vor allem Menschen mit breiteren Füßen sind auf solche Eigenschaften angewiesen. Deshalb gibt es selbst im Segment für Outdoorschuhe mittlerweile extra Modelle, die für breite und große Füße gefertigt sind. Zum anderen soll das Material der Schuhe wind- und wasserdicht, vor allem aber atmungsaktiv sein. Kaum etwas ist uns im Alltag unangenehmer als schweißnasse Füße. Vor allem bei Outdoor- und Sportschuhen ist Atmungsaktivität ein kaufentscheidendes Merkmal.

Von der Idee zum Großunternehmen

Die Erfindung der atmungsaktiven Sohle liegt noch nicht allzu lange zurück. Sie wird dem Italiener Mario Moretti Polegato zugeschrieben. Polegato wurde 1952 in Crocetta del Montello in eine Winzerfamilie geboren und machte sich später selbst einen Namen als Winzer. Sein Vater schickte ihn in die ganze Welt, damit er den Weinbau anderer Regionen und Kontinente kennenlernte. So kam es auch, das Polegato auf ein Sohlenproblem aufmerksam wurde.

Seiner Erzählung zufolge war er Anfang der 1990er-Jahre in Nevada, USA, auf einem Winzerkongress. Nach einem langen Arbeitstag machte er einen Spaziergang in der Wüste, wo er schnell warme und schwitzende Füße bekam. Die Feuchtigkeit in den Schuhen wurde ihm so unangenehm, dass er glaubte, mitten in der Wüste auf Wasser zu gehen. Um etwas Luft an den Füßen zu erhalten, bohrte er einige Löcher in die Sohle seiner Schuhe. Danach war es angenehmer, jedoch drang nun nach und nach Sand in den Schuh ein.

Das Erlebnis beschäftige Polegato auch nach seiner Rückkehr nach Italien und so begann er zu experimentieren. Er war auf der Suche nach einer Sohle, die Feuchtigkeit und Wärme abgab, aber weder Nässe noch Schmutz hinein ließ. Für die Entwicklung nutzte er die kleine Schuhmanufaktur, die seine Familie nebenher betrieb. Bald schon engagierte er Ingenieure, die ihm bei der Lösung des Problems helfen sollten, und nach einigen Jahren war die atmungsaktive Sohle geboren. „Atmungsaktiv“ bedeutet, dass der Schuh wasserdampfdurchlässig ist. Der Mensch produziert bis zu 2 Liter Schweiß pro Stunde – entsprechend gut ist es, wenn dieser direkt über den Schuh verdampfen kann.

Polegato versuchte zunächst, seine Idee an große Hersteller wie Nike oder Adidas zu verkaufen. Traditionelle Hersteller taten sich jedoch schwer mit der Idee, eine eigentlich feste und schützende Sohle mit einer löchernen Membran zu versehen und so erfuhr der enthusiastische Erfinder viel Ablehnung. Er ließ sich davon jedoch nicht beirren und gründete 1995 schlichtweg seine eigene Schuhfirma mit Namen Geox.

Was mit 5 Mitarbeitern begann, ist heute ein börsennotiertes Unternehmen mit weltweit rund 5.000 Angestellten und einem Jahresumsatz von mehr als 800.000 Euro. Heuer verkauft Geox um die 22 Millionen Schuhe pro Jahr und ist der zweitgrößte Schuhhersteller Europas – und Polegato einer der reichsten Italiener. Das Forbes-Magazin schätzte sein Vermögen auf 1,8 Milliarden Euro. Die atmungsaktive Sohle ist mittlerweile in jedem guten Schuh zu finden – auch bei traditionellen Herstellern.

Bildrechte: Flickr Blue Shoes David Goehring CC BY 2.0 Bestimmte Rechte vorbehalten

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